Re: Motor bewickeln + Drehrichtung

Knolles ELEKTRONIK Forum

Geschrieben von Theodor Wadelow am 07. November 2018 21:19:59:

Als Antwort auf: Re: Durchmesserbestimmung Kupferlackdraht geschrieben von Paul am 07. November 2018 08:12:41:

Hallo Paul,
Ich fasse hier mal deine beiden letzten Posts zusammen.

>gestern habe ich den Draht gemessen: 0,067mm mit Lackschicht.
Ui, das ist dünn. Sowas ist sogar nur mit Problemen anlötbar, weil sich das Kupfer einigermaßen schnell im Lötzinn auflöst. Der Lötvorgang selber ist halt eine Legierung des Lötzinns mit dem obersten Mikrometer(n) des Kupfers und nunja, dein Draht ist 67µm (80µm) dünn. Kann man aber löten, keine Sorge. Du solltest einen separaten Lötversuch mit einem Probestück machen. Das willst Du nicht an dem Innenende der fertig gewickelten Spule testen.

> Leider habe ich dadurch jetzt ein Problem. Den dünnsten Kupferlackdraht bei einem deutschen Lieferanten habe ich bei Bürklin mit 0,08mm gefunden.
> Der hat jedoch einen Widerstand von nur ca. 3 Ohm, der in der von Dir verlinkten Liste von Elektrisola mit 0,067mm hat jedoch je nach Lachschichtstärke 6 bis 8 Ohm.
Der gemessene DC-Widerstand ist bvermutlich nicht so wichtig. Die Spule liegt ja an Wechselstrom und hat dann 2*pi*f*L Impedanz (in Ohm!). Mit einigen tausend Windungen
kommen da auf einem Eisenkern vermutlich etliche Henry zusammen. Typische Spulen in der Elektronik sind sonst von Nano- bis Millihenry anzutreffen.

> Kennst Du noch einen anderen Spezial-Anbieter, der Kleinmengen an private Kunden versendet?
Nein. Was Du versuchen könntest wäre kleine Trafos (z.B. 230V/12V 0,75W abzuwickeln) allerdings kenne ich die nur in vergossen, was bequem geht weil die Trafos so klein sind. Ein beseres "Abwickelopfer" wäre vmtl. ein kleiner 230V Spaltpolmotor mit möglichst ähnlicher Größe der Spule. Sowas habe ich aber auch noch nicht gesehen. Oder einer der von El-haber erwähnten Synchronmotoren vielleicht? Die kenne ich aber nicht so gut. In einer mechanischen Zeitschaltuhr für Netzbetrieb (die "klassische" mechanische Variante als Netz-Zwischenstecker, da ist oftmals ein sehr kleiner Motor für 230V drin. Der hat auch dünnen Draht.

Was anderes: Wenn es "nur" um die Funktion geht, köntnest du auch mit deutlich dickerem Draht, z.B. 0.1mm oder 0.2mm Durchmesser eine Wicklung aufbringen die dann viel weniger Windunge hat. Das wäre dann eine Spule für -ausprobieren- 6, 12 oder 24 Volt. Mit so einem kleinen 1 oder 2 Watt Trafo (geschätzt) wärest Du dann wieder im Rennen und Du mußt Dir auch über die Isolation der 230 V gegenüber dem Metallkern der selbst bewickelten Spule kaum mehr Sorgen machen.

> Und ein Abmessen der Länge, wie ich es ursprünglich geplant hatte, ist dadurch natürlich auch mehr oder weniger unmöglich.
> Je nach Lackschichtstärke werden es voraussichtlich ca. 600-700 Meter sein. ;-)
Ja. Mein Beileid. Oh wei, oh wei. Alleine das Hantieren mit dem dünnen Draht macht keinen Spaß: langsam geht nicht weil man mit Hunderten Metern Draht nicht fertig wird. Wenn man aber schnell wickelt führt der kleinste Haker oder Hackser (z.B. am Ende des Wickelkörpers, also 2x pro Lage) ratz-fatz zum Abreißen des Haar-dünnen Drahtes.

> Ich denke, ich werde den Widerstand der verbliebenen Restspule als Referenz nehmen. Der hat 1280 Ohm bei 100V (220V - 120V). Also sollte die Spule bei 230V 2944 Ohm haben.
> In der Praxis bleibt mir aber nur die Möglichkeit, die Spule "Pi mal Daumen" im Übermaß zu bewickeln,
Ja, mach' das.
> und anschließend schrittweise wieder abzuwickeln,
Und jetzt Mut zur Lücke: An 230V klemmen und testen! Wenn's geht und nicht heiß wird (abbrennt) bist Du fertig. Mach' nicht mehr Kunst daraus als notwendig.

> Ja Du hast Recht: Es ist kein Synchronmotor sondern ein Reluktanzmotor, den ich bis gerade eben gar nicht kannte.
> Der Rotor hat keine eigene Spule, sondern besteht nur aus einem Zahnrad aus Metall.
Das ist eine übliche Bauform. Ich kenne die typischerweise mit einem keilförmigen Luftspalt zwischen den Polbacken und dem Laufrad.
Der Name "Reluktanzmotor" kommt im Übrigen von dem Zahnrad, die Zähne haben eine geringer Reluktanz als die Lücken dazwischen. Reluktanz könnte man als das magnetische Äquivalent zum Widerstand verstehen, d.h. je kleiner die Reluktanz ist desto größer wird der magnetische Fluß.

> Da das erzeugte Drehmoment offensichtlich sehr klein ist,
> ist direkt an diesem Zahnrad eine "Starthilfe" mit einer Zahnstange,
> die sich mit einer Schnur (wie an einem Zugschalter) an der Unterseite
> der Uhr am Zahnrad entlangziehen läßt, vermutlich wenn die Uhr nicht
> von selbst nach Anlegen der Spannung starten sollte.
> (Oder wenn sie vielleicht in die falsche Richtung starten sollte????)
Das mit der Startrichtung könnte theoretisch sein. Ich hatte mal einen Reluktanzmotor von einem Kameradrehkopf ('klassische' Überwachungskamera, der lief in -egal welche- Richtung los und lief bis zu einem gummigepufferten Anschlag im Getreibe (mit deutlicher Untersetzung). Am Anschlag fraß sich das Getriebe fest, der Motor blockierte und wurde rückwärts wieder angeworfen (Gummi federt!). Dann lief der Motor zurück, bis zu einem anderen Anschlag, ebefalls mit Gummi. Dort wiederholte sich das gleiche Spiel aus Festfressen und Wieder-loslaufen. Hin-und her, hin-und her. Und obendrauf eine 5 kg schwere Kamera mit Bildröhre (Vidicon!). Überwachungstechnik 1965-85, oder so.

> P.S. Hat ein Reluktanzmotor eine fest vorgegebene Drehrichtung?
Kann, kann nicht. Der oben angegeben Motor von mir hatte keine Vorzugsdrehrichtung. Man kann allerdings natürlcih auch prima magnetisch an dem Motor tricksen. Beim Spaltpolmotor sind das üblicherweise die gut sichtbaren Kurzschlußwicklungen. Beim Reluktanzmotor eher ein Luftspalkt mit "Richtung", d.h. keilform. Oder eine Verdickung im Metall. Oder eine Kurzschlußniete an der passenden Stelle, oder, oder, oder...

> Je nachdem, wie man den Stecker der Uhr in die Steckdose steckt, ist ja die Phase nicht immer am gleichen Ende der Spule.
Das hat damit nun garnichts zu tun. Die Spule wird nur Ende-zu-Ende von Strom durchflossen, es entsteht ein magnetisches Wechselfeld das auf die Polbacken des Motors wirkt. Fertig. Eine (Vorzugs-)Drehrichtung kommt dadurch zustande daß diese Wechselfeld auf einige Teile des Rotors früher wirkt als auf andere.
Beim Kondensatormotor macht man das mit dem "Hilfs"-Kondensator und einer zweiten Wicklung. Beim Spaltpolmotor ist die zweite Wicklung 'nur' magnetisch an die erste Wicklung gekoppelt und hat typischerweise auch nur 1-2 Windungen. Trotzdem der gleiche Effekt: ein zweites Polpaar mit zeitlichem Versatz im Wechselfeld, es resultiert ein Drehfeld.
Beim Drehstrommotor ist es ganz einfach: 3 Phasen erzeugen dsas Drehfeld direkt, die Richtung leigt von Anfang an fest.
Beim einfachen Reluktanzmotor könnte man wie gesagt mit Veränderungen im Magnetkreis arbeiten; ich bin da allerdings leider nur dünn bewandert.
Kompliziertere Reluktanzmotoren sind dann wieder fast sowas wie mehrphasige Synchronmotoren oder Schrittmotoren, der Drehfeld lieegt einfach fest.
Gerüchteweise sind übrigens die Motoren in den Tesla-Autos (teilweise) Reluktanzmaschinen.

-Theo

Antworten:

Knolles ELEKTRONIK Forum

| ©www.HobbyElektronik.de | ©Knolle_P | (©Oliver Pering) |